Kleine Sünden
August 2023
Das Bild des Monats "Moorgräser im Abendlicht" (s.o.) entstand an einem schönen Sommerabend im letzten Sonnenlicht. Nur wenige Sekunden blieben zum Fotografieren und ich hatte mir bereits rechtzeitig einen guten bodennahen Standpunkt im Hochmoor gesucht, bevor die Sonne hinter dem umliegenden Bergwald unterging und somit auch diese bezaubernde Lichtstimmung verschwand.
Doch eigentlich war ich in diesen Tagen auf der Suche nach einem ganz besonderen Motiv, welches ich Dir heute präsentieren möchte - eine unserer heimischen fleischfressenden Pflanzen, dem Rundblättrigen Sonnentau (Drosera rotundifolia).
Größenvergleich
Die winzige Pflanze lebt u.a. in den (Hoch-) Mooren der Region. Diese kleinen Biotope mit ihrer großartigen Flora und Fauna sind eines meiner, im letzten Newsletter genannten aktuellen Projekte. Allerdings muss man dazu sagen, dass meine Arbeit dort mit einer speziellen Genehmigung und in offiziellem Auftrag passiert. Denn ansonsten dürfen die geschützten Moorflächen zum Glück nicht betreten werden.
Entsprechend spannend ist die eigene Fortbewegung und in der Regel kehre ich trotz Gummistiefel, Wathose oder wahlweise Bergschuhen immer mit nassen Socken zurück...
Setup im Moor
Aber die Socken sind bei der Fotografie im Moor eigentlich die geringste Erschwernis. Denn die mehr oder weniger kleinen Inseln im Moor und der Torfboden übertragen jede Bewegung bzw. Erschütterung sehr stark.
Das bedeutet, die klassische Fotografie mit Stativ etc. ist fast unmöglich und wenn man gleichzeitig möglichst nichts beschädigen möchte, ist es schon eine Herausforderung, die zum Teil winzigen Motive ansprechend zu fotografieren. Während ich also an einem weiteren Tag der Moorfotografie konzentriert auf einer knapp einen Quadratmeter großen Insel versuchte, den Sonnentau ins rechte Licht zu rücken, bemerkte ich eine kleine Bewegung nicht weit von mir entfernt.
Zwei Schnaken tanzten im Hochzeitsflug. Kurz darauf landeten sie zur Paarung.
Schnakenliebe
Fasziniert beobachtete ich die zwei beim Abhängen. Doch ihre Zweisamkeit blieb nicht ungestört als eine weitere Schnake heranflog. Auch diese wollte beim Schnakenweibchen ihr Glück versuchen. Doch die beiden bereits sehr Intimen waren von dem Störenfried natürlich nicht sonderlich begeistert und so entspann sich ein Gemenge...
Störenfried versucht anzudocken
Mehrfach flog der ungebetene Gast heran und wurde mit Beinen und Flügeln erfolgreich abgewehrt, bis die größere der beiden Schnaken (vermutlich das Weibchen) abschließend die Nase voll hatte und ihn mit einem kräftigen Flügelschlag davon schleuderte.
... Die Blätter des Sonnentau besitzen winzige Härchen mit kleinen Klebetropfen.
Fangblatt mit Kleber
Zu seinem großen Pech landete der Störenfried dabei fast im großflächig am Boden wachsenden Sonnentau. Er versuchte natürlich sofort wieder zu starten und blieb eigentlich erst dabei tatsächlich mit einem einzelnen Bein an einem der winzigen Tentakel kleben.
Normalerweise eher für kleinere Beute gedacht hielt der Klebstoff trotzdem. Während der Schnakerich verzweifelt zappelnd versuchte, sich zu befreien verfingen sich immer mehr seiner Beine.
Verzweifelter Kampf
Der Kampf zog sich nun über mehr als eine Stunde hin. Immer wieder versuchte die Schnake sich ruckhaft zu befreien und meist endete dies in weiterem Kontakt mit dem Klebstoff. Die Zeit spielte eindeutig für den Sonnentau und die Pausen zwischen den Befreiungsversuchen wurden zunehmend länger. Inzwischen legte der Sonnentau gemütlich seine Fangtentakel an diesem einen Blatt zusammen, um mehr Halt am Opfer zu bekommen und währenddessen konnte ich ein ausführliches Fotoshooting einlegen.
Spannend, was so ein Weitwinkelmakro für eine Perspektive liefert:
Kurz vor dem Ende
Doch trotz zusätzlicher Beleuchtung kam leider der Moment, als es einfach viel zu dunkel für weitere Bilder dieser Szene wurde. Die Schnake war zu diesem Zeitpunkt bereits unrettbar gefangen und wurde sicherlich verhältnissmäßig schnell von dieser kleinen mörderischen Pflanze als Abendbrot vernascht.
Der Sonnentau bezieht fast alle notwendigen Stoffe nicht aus dem Boden, sondern von der erfolgreichen Klebe-Fallenjagd. Normalerweise sind die Opfer meines Wissens nach aber eher kleiner, siehe unten - die Fliege ist nur wenige Millimeter groß. Auch wenn ich der Schnake mehr Glück gewünscht hätte, als Naturfotograf freute ich mich natürlich sehr über die glückliche Gelegenheit, diesem Naturschauspiel beigewohnt zu haben.
Sonnentau mit Fruchtfliege
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